Meta automatisiert Werbung: Risiko für Agenturen?

Meta, das Mutterunternehmen von Facebook und Instagram, plant bis Ende nächsten Jahres die vollständige Automatisierung des Prozesses zur Erstellung und Zielgruppenansprache von Werbung mithilfe von künstlicher Intelligenz. Dieses Vorhaben könnte die traditionelle Marketing- und Werbebranche grundlegend erschüttern.
Die neue KI-gesteuerte Plattform ermöglicht es Unternehmen, ein Produktbild und ein Marketingbudget einzugeben, woraufhin die KI von Meta die gesamte Kampagne – einschließlich Bilder, Videos, Texte und Zielgruppenausrichtung – erstellt. Zwar bietet Meta bereits Werkzeuge zur Anpassung bestehender Werbeanzeigen an, doch dieser Sprung zur vollständigen Automatisierung stellt eine direkte Herausforderung für die langjährigen Aufgaben von Werbeagenturen dar, darunter kreative Entwicklung, Planung und Medieneinkauf.
Mark Zuckerberg, CEO von Meta, betrachtet dies als eine grundlegende Transformation in der Werbewelt. Er beschreibt den Wandel als „eine Neudefinition der Werbekategorie“, was andeutet, dass KI nicht nur Kampagnen verbessern, sondern sie von Grund auf neu gestalten wird.
Die Auswirkungen dieser Neuigkeiten waren sofort an der Wall Street spürbar. Die Aktien großer Werbeunternehmen fielen stark, nachdem die Nachrichten verbreitet wurden. WPP verlor im frühen Handel 3 %, während die französischen Firmen Publicis Groupe und Havas um 3,9 % bzw. 3 % zurückgingen. Die Finanzmärkte scheinen die Bedrohung durch die KI-Tools von Meta für die Einnahmequellen und Kundenbeziehungen der Agenturen bereits einzupreisen.
Laut dem Wall Street Journal werden die neuen KI-Funktionen von Meta fortgeschrittenes Geotargeting umfassen. Ein Reiseunternehmen könnte beispielsweise Anzeigen schalten, die dynamisch angepasst werden, je nachdem, welche Reisevorlieben ein Nutzer hat, und damit hochpersonalisierte Kampagnen in großem Maßstab ohne menschliches Eingreifen generieren.
Obwohl Bedenken in der Branche wachsen, betont Meta, dass der Rollout der KI nicht dazu gedacht ist, Agenturen zu ersetzen. Alex Schultz, Chief Marketing Officer und Vizepräsident für Analytik bei Meta, versuchte in einem LinkedIn-Beitrag, die Sorgen zu zerstreuen: „Wir glauben an die Zukunft von Agenturen. Wir glauben, dass KI Agenturen und Werbetreibenden helfen wird, wertvolle Zeit und Ressourcen auf die Kreativität zu konzentrieren, die zählt.“
Dennoch erkannte Schultz die Ausgleichswirkung an, die KI insbesondere für kleinere Unternehmen haben wird: „Millionen kleiner Unternehmen sind auf unsere Plattform angewiesen, um zu wachsen. Für diese Unternehmen, die nicht mit einer Agentur arbeiten oder während ihrer geschäftigen Tage keine Zeit haben, um über ihre Kreativität oder Zielgruppenausrichtung nachzudenken, kann KI helfen, die Wettbewerbsbedingungen zu vereinheitlichen.“
Meta unterstützt diese massive KI-Expansion mit erheblichen Investitionen. Das Unternehmen hat kürzlich seine Prognose für die Investitionen im Jahr 2025 auf 64 bis 72 Milliarden Dollar erhöht, von denen ein großer Teil in die Entwicklung der KI-Infrastruktur fließen soll.
Während die Demokratisierung der Werbeerstellung kleineren Unternehmen zugutekommen und Metas jährlichen Werbeumsatz von 160 Milliarden Dollar ankurbeln könnte, wirft die Geschwindigkeit und das Ausmaß der Automatisierung ernsthafte Bedenken auf. Wenn Agenturen an den Rand gedrängt werden, was passiert dann mit der menschlichen Kreativität, dem Feingefühl und dem strategischen Denken, die sie bieten? Wenn KI-Systeme bestimmen, was das Publikum sieht, wann und warum, könnte der gesamte Wert der Marketingberufe und deren gesellschaftliche Bedeutung gefährdet sein.
Im Rennen um Effizienz durch Automatisierung gibt es wachsende Sorgen, dass wir mehr opfern könnten als nur Arbeitsplätze. Vielleicht handeln wir menschliche Einsicht, emotionale Verbindung und Kreativität gegen kalte, berechnete Algorithmen. Während die Werbung zunehmend maschinell erzeugt wird, muss die Branche – und die Verbraucher – sich mit einer schwierigen Frage auseinandersetzen: Was verlieren wir, wenn wir KI für uns sprechen lassen?